Dienstag, 26. Februar 2008

Eule

Ich bin eine Eule. Nachtaktiv sowieso. Aber auch das Diss-Schreiben fühlt sich gerade sehr nach Eule an. Nach jahrelangem Lesen würge ich nun alles in einem einzigen grauen Gewölle wieder heraus.

Montag, 25. Februar 2008

Frau Isa dichtet zurück. Oder "Ein Gedicht! Über mich! [retour]"

Percanta saß auf der Terrasse
auf dass sie sich nen Dichter fasse
und stürzt alsbald auf Robert Gernhardt
weil sie den halt besonders gern hat.
Herr Gernhardt, der sagt prompt: wie schön
muss ich mich nicht im Grab rumdrehn.

Von Isabo, die auch Morgenstern kann. Dankeschön!

Sonntag, 24. Februar 2008

Merksätze für Percanta

"Die Welt geht nicht unter, wenn jemand mal drei Tage lang etwas von dir denkt, dem du widersprechen möchtest."

[Danke fürs Erinnern, Miri.]

Montag, 18. Februar 2008

Schrotthaut reloaded

Ich habe da an der linken Wange so eine fiese Stelle. Die heilt nicht. Die heilt seit letztem Sommer nicht, sondern schwillt mal an, mal ab, ist mal dunkelrot, mal nur mäßig leuchtend, die alleroberste Hautschicht ist manchmal sogar geschlossen, aber eher selten, und darunter eine harte Kugel, Entzündungen, ekliges Zeug.
Beim letzten Besuch zu Hause schlug mir mein väterlicher Hausarzt das familiäre Allheilmittel vor, Voltaren (das Zweitbeste nach Leukoplast!). Appliziert reichlich, fixiert mit etwas handelsüblicher Haushaltsfolie. Die Verbesserung war deutlich, ich saß den ganzen Tag mit Folienstückchen im Gesicht vor dem Computer und nachts schlief ich zumindest damit ein. Folie im Gesicht und darunter eine Mischung aus Rot und Salbe ist allerdings für den außerhäuslichen Bereich nur bedingt geeignet, mein Seminar zum Beispiel wollte ich nicht so geben, auch Mensa und Bibliothek muss nicht sein. Um aber die Dauerapplikation von Voltaren weiterhin zu gewährleisten, bin ich auf Pflaster umgestiegen, Streifen, gerade so breit zugeschnitten wie die Stelle. (Favorisierte Kommentare: "Wieder beim Rasieren geschnitten?" und "Oh, hast Du Dir einen Schmiss zugezogen?")
Jeden Tag ein frisches Pflaster, jeden Tag sah es etwas weniger wild aus darunter. Die Stelle tat also, was sie sollte, sie heilte ganz langsam vor sich hin. Und jetzt habe ich eine mittelverheilte Stelle - und drumherum, wo die Pflaster klebten, eine neue Entzündung. Rot, offen, mit harten Einschlüssen. Der fiesen Stelle 1 ausgesprochen ähnlich.

(Das sollte keine Allegorie auf das Leben werden.)

Edit:
Da ein alter Freund sich nach Lektüre dieses Artikels zur Prognose hinreißen ließ, "sollte einer deiner Leser sich dich bislang als vor erotischer Ausstrahlung strotzender femmme fatale vorgestellt haben, so ist es damit wohl ein für alle mal vorbei", und meine Mutter mich in einer langen Mail nachdrücklich auffordert, jetzt aber doch bitte wirklich einen Termin in der Hautklinik auszumachen, und zwar schleunigst, sei kurz dies zur Beruhigung gesagt:
Meine Kollegen gehen weiterhin völlig ohne merkbaren Ekel mit mir in die Mensa, es sieht im Ruhezustand auch nicht schlimmer aus als normale Pickelschrunden, und nein, ich glaube nicht, dass der Kopf amputiert werden muss. Nicht akut jedenfalls.

Samstag, 16. Februar 2008

Cross-Over

Percanto zeigt mir einen Artikel über Schlafstörungen bei Paaren, den er aus der Zeitung ausgeschnitten hat, fragt mich, ob wir wegen meiner akustischen Überempfindlichkeit etwa auch in getrennten Betten schlafen müssen - und stutzt, als sein Blick auf das abgebildete Cover von "Ein Bett für zwei" fällt.
Oh. Ob das etwa ein Nazi-Buch sei?
Liebe Leute vom Herbig-Verlag, was haben Sie sich bitte bei diesem Foto gedacht?


Nachtrag zu Jans Organspende

Was mein Bruder gerade noch über seinen Freund Jan unter den Beitrag zu Miriams neuem Herz geschrieben hat, sollte nicht in den Kommentaren versteckt bleiben.
Ein Gastbeitrag - und Plädoyer - von Hermano #1:

Zu der Geschichte gibt es ja noch einen Nachtrag. Ungefähr 2 Jahre nach Jans Tod haben sich seine Eltern durchgerungen, mal bei Eurotransplant anzufragen, ob denn überhaupt Organe genutzt und transplantiert werden konnten. Dort war man sehr erleichtert, daß sich die Familie endlich meldete, da Eurotransplant von sich aus keinen Kontakt zu den Spenderangehörigen aufnehmen darf. Es hatten sich nämlich in der Zwischenzeit einige Briefe von Empfängern der Organe angesammelt, die aber auch nicht einfach so weitergeleitet werden durften. Im Endeffekt wurde beinahe alles was transplantierbar ist auch verpflanzt, und so hatten sich eine ganze Reihe von Empfängern gemeldet. Es liegen z.B. einige Briefe eines jungen Mannes vor, der an einer angeborenen Krankheit der Atemwege litt und der, kurz vorm qualvollen Ersticken, Jans Lungen bekam. Er schrieb, daß er jeden Atemzug in vollem Bewusstsein nehme, daß sein neues Glück direkt mit schrecklichem Unglück anderer Menschen verbunden sei, und er jeden Atemzug dankbar sei für den Mut und die Großzügigkeit des Spenders und seiner Angehörigen. Er schrieb weiterhin, daß er häufiger mal mit seiner neuen Lunge spreche, und an besonders schönen Orten besonders tief Luft hole, um die Eindrücke zu teilen.
Weitere Briefe gab es von einer Frau unseren Alters, die seit Jahren mehrmals die Woche zur Dialyse musste und durch eine von Jans Nieren wieder ein normales Leben führen konnte. Allen Briefen ist gemein, daß es den Empfängern sehr sehr bewusst ist, woher diese Organe kommen, und was damit verknüpft ist.
Wenn man das alles liest und zusammenfasst, dann beginnt dieser schreckliche, sinnlose Unfall ein klein wenig weniger sinnlos zu sein, und damit ist nicht nur den Empfängern geholfen sondern auch Freunden und Angehörigen der Spender.


[Info Organspendeausweis]


Mittwoch, 13. Februar 2008

Ü-ber-all

Ich bin in der privilegierten Situation, über einen lebenden Dichter zu schreiben, der auch noch offen und freundlich auf mich und alle meine Fragen nach großen Schwestern, unpublizierten Büchern, verschollenen Zeitungsartikeln oder Errata eingeht.
Das heißt manchmal, dass ich ihn in zwei bis sieben Büchern vor mir auf dem Tisch habe, und gleichzeitig in etlichen weiteren und all diesen Ordnern und wirren Zettelstapeln hinter mir, auf dem (im Moment eingerollten) Plakat, in meinen überlappend angeordneten und langsam langsam wachsenden Textdokumenten vor mir auf dem Bildschirm - wie alle eben, die über etwas schreiben, und vom Kopf wollen wir gar nicht reden -, außerdem habe ich ihn aber noch in zwei neuen Nachrichten im Mailordner und neuerdings auch im Chat. Er leuchtet gerade grün, mein 70-jähriger Poet, ist also online.
Hasta en la sopa, würde mein Argentinier sagen. Selbst in der Suppe.

Montag, 11. Februar 2008

Herz

Die kleine Miriam wird transplantiert. Jetzt. Heute Nacht, sie ist schon im OP.
Ich denk an Euch, lieber Hilko, liebe Elissa, und wünsche Euch und vor allem Miriam so sehr, dass alles gut gehen möge, sie gesund wird und sich alle Hoffnungen, die Ihr an diese Transplantation knüpft, erfüllen.
Alles, alles Gute!

(Mit einem anderen Teil meines Kopfes und Herzens denke ich auch ein bisschen an die andere, unbekannte Familie, und auch an meinen Bruder #1. Die vielleicht mutigste Tat seines Lebens war, nach dem fürchterlichen Unfalltod seines besten Freundes vor zwei Jahren mit dessen Eltern über Organspende zu sprechen. Sie haben dem zugestimmt. Ich fand das sehr tapfer, von allen.)


***
Edit Dienstag, 12 Uhr, Erleichterung:
Miriam ist seit etwa zwei Stunden wieder zurück auf Station, die OP ist überstanden und sie ist Gottseidank stabil.

Phantomschmerz

Wir haben doch ein gewisses Talent für dämliche Verletzungen.
Bruder #2 betreibt die Kampfsportart Handball, da bleiben Kiefer- und Nasenbrüche oder Nierenprellungen (hinter dem Tor war eine Mauer, ärgerlich) nicht aus. Seine üblen Karnevalsverletzungen sind vermutlich auf das sträfliche Ignorieren seines Genpools zurückzuführen - als Norddeutscher hat man im Kölner Karneval einfach nichts zu suchen. Und wenn doch, sollte man gut gucken, ob da gerade ein Kölschglas steht, wo man sich hinsetzt. Ansonsten verbringt man den Rest der Woche schon mal auf dem Bauch liegend im Krankenhaus. Immerhin, künstlicher Darmausgang war nicht nötig.

Ich selbst habe vor allem so dämliche wie spektakuläre Fahrradunfälle gebaut, z.B. beim Versuch, das Hinterrad durch beherztes Bremsen vorne anzuheben (klappt und führt unverzüglich zu einer neuen Kieferprellung), oder weil ich auf dem Gepäckträger balancierend fahren wollte. Zu Hause habe ich mich dann damit herausgeredet, mir sei ein Stock in die Speichen gekommen. Es reichten aber auch einfach Kurven auf Schotter oder Kettenabsprünge auf Kastanienlaub, um komplette Salti mortale (mit Szenenapplaus) und ähnliches zu fabrizieren. Als außerordentlich gefährlich für meinen Hinterkopf, Ohnmachten inklusive, haben sich Fensterrahmen, Ecken, Sofakanten erwiesen. Mein Sport ist dagegen erstaunlich verletzungsfrei abgelaufen, und den Speer hab ich wohl mal in die Tartanbahn gerammt, nicht aber in Weitspringer.
Unserem Vater gelingen die schönsten Stürze beim Spazierengehen, wenn er, die Hände in den Hosentaschen, ins Straucheln gerät. Beim Rad- und Skifahren trägt er Helm, der Bürgersteig aber kam überraschend und rauh.
Als Zuschauer einen Handball aufzufangen ist auch keine besonders gute Idee, zumindest nicht, wenn die Kollegen im OP sich darauf verlassen, dass die Finger am nächsten Tag einsatzbereit sind.
Bruder #1 fing schon als kleiner Junge mit Armbrüchen an. Die großen Jungs hatten das Kindergartenkind auf dem Bolzplatz ins Tor gestellt, das hat der dünne Unterarm nicht lange mitgemacht. Jetzt betreibt er neben Dingen wie Kiten auch den schönen, körperlosen Sport Basketball. Finger und Gelenke müssen da schon mal dran glauben, und wie unser Vater seinen quer abstehenden Zeh im Urlaub (wieder eine Bordsteinkante, mit Badelatschen) kurzerhand (bevor der Schmerz im Hirn ankommt) wieder nach vorne gerichtet und getaped hat, mussten auch Bruderfinger schon mal neu ausgerichtet werden. Finger, Knöchel, Sprungelenke, alles nicht besonders spektakulär bei Ballsportarten. Ein neues Level hat Bruder #1 vor fünf Wochen mit Augenverletzungen erreicht. Nur um zwei Freiwürfe rauszuschinden, hat er sich vom Gegner im Auge herumpulen lassen. Schlag aufs und Finger ins Auge ergibt Prellungen, Abschürfungen, Verbeulungen an Orten, von denen man nicht ahnte, dass sie geprellt, abgeschürft, verbeult werden können. Sollten sie wohl eigentlich auch nicht. Sein Sehvermögen hat sich inzwischen wieder von 40 auf 80% hochgearbeitet, und Licht erträgt er auch wieder. Gute Besserung weiterhin, kleiner Bruder!
Wie ich drauf komme? Die Szene wurde, wie ich gerade entdeckte, für das World-Press-Photo 2007 von Profi-Basketballern nachgestellt:
Hier das Foto.

Weder beim Bruder noch bei den Protagonisten des Fotos ist vermerkt, ob die Zeitstrafen dort und Freiwürfe hier letztendlich den Sieg brachten.

(Die World-Press-Photo-2005-Ausstellung, die ich an einem heißen Novembertag in Santiago de Chile besucht habe, war übrigens eine der beeindruckendsten Ausstellung, die ich je gesehen habe.)

Mit alles, keine Zwiebel

"Ich war wie vom Döner gerührt!"

(Verlesen).

Freitag, 8. Februar 2008

Ohrschellen

Die (neuen, grasgrünen, gutklingenden) Kopfhörer haben den Vorteil, dass sie - hinten in den Computer und oben in die Ohren gestöpselt und mich solcherart mit Bach oder Miss Li verbindend - mich daran hindern, mal kurz aufzustehen um dies oder das nachzugucken, wegzulegen oder aus dem Regal zu nehmen. Nicht mitten im Agnus Dei jedenfalls.
Der Nachteil: Sie haben keine Internet-Kindersicherung. Also bleibe ich geduldig sitzen und gucke halt Mails, bis das Agnus Dei um ist. Oder schreibe einen Limerick. Oder so.
(Noch 4 Monate. Mir ist schlecht. Die Bibliotheksaufsichten grüßen mich inzwischen alle.)

Montag, 4. Februar 2008

Rigatiga

Der Kritiker (aus dem Quartett) heißt Karasek
und wagt sich (sicher lächelnd) an den Limereck.
Tiger hin, Lady her,
Übersetzen ist nicht schwer!
Und Karasak reimt Lady mitsamt Versmaß weg.

Schlimmer-geht-immer-Limerick-Challenge bei Isabo.

Tauschhandel für Fortgeschrittene

Sachen tauschen, die man hat, ist ja ziemlich einfach. Wegen seiner Nähe zu "Jüdisch Pokern" (mit der Fortgeschrittenenvariante "Jüdisch Mäxchen") ist aber das Tauschen mit Dingen, die man nicht hat, viel toller.
Ich meine keine Spekulationen auf irgendwelche Kurse oder Goldwerte, damit kenn ich mich nicht aus. Ich kann nur Zugfahren, und im ICE von Süd nach Nord Gesprächen zuhören zwischen Angestellten im Schienenfernverkehr (aka Schaffnern) und Reisenden:

In der Sitzreihe neben mir hockt eine junge Frau, Knie angezogen, auf dem Tischchen balanciert ein Laptop, mit dem sie über Kopfhörer verbunden ist. Sie hat einen dunklen, wuscheligen Pferdeschwanz, oder was davon übrig ist, denn die meisten Strähnen haben sich aus dem bändigende Haargummi gewunden und werden auf den Weg über Schultern, Rücken, Brust nur von Ohren, Kopfhörerkabeln, Schal aufgehalten. Was sie am Computer schreibt und schiebt sieht nach einer Powerpoint-Präsentation aus, oder vielleicht entwirft sie auch das Design für irgendetwas ganz anderes. Sie tippt, hört Musik, guckt konzentriert auf den Bildschirm, schiebt darauf etwas hin und her, tippt, wippt die ganze Zeit mit dem Fuß, lacht laut und zufrieden auf, zappelt mit der Hand, tippt, strahlt.
"Personalwechsel, die Fahrscheine bitte."
Der rotblonde Schaffner wendet sich ihr zu, sie stöpselt die Ohren aus, hält ihr Portemonnaie geschlossen in der Hand, lächelt den Schaffner an: "Haben Sie vielleicht eine Steckdose für mich?"
Er zieht die Luft durch die Zähne. "Eine Steckdose? Nein, tut mir leid. Steckdosen sind leider aus. Die habe ich heute schon alle rausgegeben."
Sie lacht, wedelt mit der Hand, zeigt auf ihren Laptop: "Nein, ich meine hier... also nicht ob Sie selbst,... ob es hier wohl eine gibt?"
Er hebt bedauernd die Schultern. "Nein, Steckdosen für Einzelplätze hab ich leider nicht mehr. An den Tischen hätte ich eine für Sie gehabt. Aber hier - alle weg, tut mir leid."
"Naja, schade." Sie hält ihm die Fahrkarte hin. "Hier. Ich muss Ihnen aber gleich sagen, dass ich meine Bahncard nicht dabei habe."
Er nimmt die Fahrkarte, stempelt, lächelt sie an. "Ich habe keine Steckdose für Sie, Sie haben keine Bahncard für mich. Das ist dann so in Ordnung."